Maik Kowalleck

Koalitionsvertrag vorgestellt: Neue Schwerpunkte auf bewährten Fundamenten

„Wir haben einen guten Kompromiss erzielt. Die Verhandlungen waren von dem Willen getragen, tatsächlich zu einer Einigung zu kommen. Hart, aber konstruktiv. Denn bei allem politischen Tun gilt als oberste Maxime: Erst das Land.“ Mit diesen Worten begann heute die Kandidatin für das Ministerpräsidentenamt, Christine Lieberknecht, die offizielle Vorstellung des Koalitionsvertrages. Die Koalitionsverhandlungen seien ein hartes Stück Arbeit gewesen. Lieberknecht bedankte sich bei allen, die daran beteiligt waren.

„CDU und SPD haben sich entschlossen, Verantwortung zu teilen – und gemeinsam mehr zu bewegen. Mit ‚gemeinsam‘ meine ich nicht alleine uns als Koalitionspartner. Sondern ich werbe für einen Politikstil, der die Bürgerinnen und Bürger einbindet und mitnimmt“, so Lieberknecht. Dies sei insbesondere in diesen schwierigen Zeiten nötig. Die Folgen der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise müssten bewältigt und die Herausforderungen durch die Demographie und die zurückgehenden Einnahmen gemeistert werden. Das Land soll spätestens 2019 finanziell auf eigenen Füßen stehen.

„Debatten darüber, wer Kröten schluckt, Federn lässt oder sich mit welchen Federn schmücken kann, werden dieser Lage nicht gerecht. Es geht nicht um einen Schönheitspreis, sondern um den besten Weg für Thüringen“, sagte die CDU-Politikerin. Die CDU sei mit dem Ziel in die Landtagswahl gegangen, eine Politik weiterzuentwickeln, mit der Thüringen gut gefahren ist. Darauf hätten 171 konkrete Vorschläge gezielt. Die SPD habe einen politischen Wechsel in zentralen politischen Feldern gewollt. Kompromisse mussten zwischen diesen Ausgangspunkten gefunden werden. Deshalb würden auf bewährten Fundamenten – die in dem Vertrag an vielen Stellen anerkannt werden –wichtige neue Schwerpunkte gesetzt.

Lieberknecht stellte heraus, welche die Kernziele der Thüringer Union für die Verhandlungen waren: 

- den Mittelstand in der Krise zu stärken,
- die guten innovativen Potentiale zügig weiter zu erschließen – unter anderem, aber nicht alleine bei den Erneuerbaren Energien,
- den ländlichen Raum gerade angesichts der demographischen Probleme weiter zu stärken,
- bürgernahe Strukturen zu sichern,
- eine Familienpolitik, die durch eigene Entscheidungen der Eltern als ein tragendes Element gekennzeichnet ist und die deshalb sowohl auf direkte Unterstützungen für Familien als auch auf verlässliche, qualitativ hochwertige Betreuung setzt,
- das begabungsgerechte und leistungsfähige Schulsystem zu erhalten und weiterzuentwickeln.
- den hohen Standard der inneren Sicherheit für Thüringen zu sichern,
- solide Haushaltspolitik, die nicht zu Lasten kommender Generationen geht.

Dies sei gelungen. Die Koalitionsvereinbarung folge in entscheidenden und prägenden politischen Bereichen genau diesen Zielen.

 

Hier einige Einzelpunkte aus dem Koalitionsvertrag im Überblick:

 

Familienpolitik, die weiter auf zwei Beinen steht

- Das Thüringer Erziehungsgeld bleibt erhalten und wird zeitlich flexibilisiert. Es kann für 12 Monate bezogen werden, wenn das Bundeserziehungsgeld endet. Dadurch wird die Wahlfreiheit verbessert.
- Über den erweiterten Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz und bessere Betreuung durch mehr Erzieherinnen bestand im Grundsatz Einigkeit.
- Es gibt weiter und auf ansehnlichem Niveau unsere Wohnungsbauförderung für Thüringen.

Begabungsgerechtes und leistungsstarkes Schulsystem

- Unser gegliedertes Schulwesen wird durch eine Gemeinschaftsschule ergänzt, aber nicht ersetzt. Es wird weiter Gymnasien und Regelschulen vom 5. Schuljahr an geben.
- Unser Ansatz der eigenverantwortlichen Schule wird ausgebaut.
- Die Förderzentren bleiben erhalten und werden weiterentwickelt.
- Die Schulen in freier Trägerschaft werden weiter angemessen unterstützt.

Mittelstandsfreundliche und innovative Wirtschaftspolitik

- Es wird ein Mittelstandsfördergesetz geben, die Wirtschafts- und Technologieförderung bleibt auf die KMU ausgerichtet.
In dem Zusammenhang wird auch die Liquidität der KMU verbessert.
- Der Schwerpunkt in der Arbeitsmarktpolitik liegt auch zukünftig ganz klar auf dem ersten Arbeitsmarkt.
- Die eingeschlagene Politik zur Fachkräftesicherung wird fortgesetzt.
- Die Thüringer Tourismus GmbH wird gestärkt. Sie wird nicht nur Produkte vermarkten, sondern auch entwickeln.

Hochschulen die immer mehr Studierende überzeugen

- Landesgraduiertenprogramm
- „Pro-Exzellenz-Programm“ des Landes wird fortgesetzt
- Die finanzielle Ausstattung der Hochschulen wird mindestens auf dem aktuellen Niveau verstetigt.
- Senior-Professoren
- Vereinbarkeit Familie und Studium / Wissenschaft

Stärkung des ländlichen Raums

- Der ländliche Raum wird als Wohn- und Arbeitsort weiter gestärkt, u.a. durch entsprechende Bildungsangebote.
- Die sogenannten „grünen Berufe“ werden aufgewertet.
- Das gemeinsame Marketing für die Ernährungswirtschaft wird ausgebaut.
- Aus der Dorferneuerung wird die Dorfentwicklung.
- Wir haben dafür gesorgt, dass die Fördermittel nicht vor allem auf die Städte und ihr Umland konzentriert werden, sondern auch auf Entwicklungsachsen im ländlichen Raum.
- Unsere Bio-Energie-Projekte werden weitergeführt, die Flächen für unansehnliche Windkraftanlagen bleiben begrenzt.
- Bis 2012 sollen alle Kommunen an Breitbandtechnik angeschlossen sein.
- Die Landesstraßen werden in dieser Wahlperiode mit 250 Mio. € ausgebaut.

Effiziente Verwaltungen und bürgernahe Kommunen

- Die eingeleiteten Maßnahmen zum Verwaltungs- und Bürokratieabbau werden nicht alleine weitergeführt, sondern verstärkt.
- Es wird keine Kreisgebietsreform geben. Wie bei der Landgemeinde setzen wir auf Bürgernähe und Überschaubarkeit.
- Ehrenamt, Heimatpflege und Breitenkultur haben weiter einen hohen Stellenwert.

Innere Sicherheit bleibt unser Kompetenzfeld

- Hohe Priorität für die Polizei auf der Straße: KOBs und Basisdienststellen.
- Bedarfsgerechte Ausbildung des Polizeinachwuchses.
- Im Themenfeld „Extremismus“ haben wir unseren anti-extremistischen Ansatz durchgesetzt.
- BR-Initiative zur Befreiung ehrenamtlicher Bürgermeister von der Sozialversicherungspflicht für ihre Aufwandsentschädigung.

Verantwortliche Finanzpolitik

- Wir haben eine nachhaltige Finanzpolitik festgeschrieben und verschiedene Instrumente der Schuldenbegrenzung vereinbart.
- Die Koalitionspartner sind sich einig, dass die Festlegungen dieser Koalitionsvereinbarung nach Maßgabe der verfügbaren Haushaltsmittel und auf Grundlage der Haushaltsberatungen umgesetzt werden.
- Bis 2019 scheiden eine Vielzahl Landesbediensteter aus Altersgründen aus. Auch das verstehen wir als eine Möglichkeit zum Personalabbau.
- Nach LHO können 2010 rund 500 Mio. € Kredite aufgenommen werden, in den Folgejahren sinkt diese summe. Über mehr kann nur geredet werden, wenn die konjunkturelle Lage das erfordert.