Maik Kowalleck

Bedeutung der Freien Fröbelschule Keilhau für den Freistaat Thüringen

Mündliche Anfrage zur Freien Fröbelschule Keilhau und Antwort der Landesregierung



Abgeordneter Kowalleck (CDU):

Bedeutung der Freien Fröbelschule Keilhau für den Freistaat Thüringen


Die Freie Fröbelschule Keilhau mit Wohnheim ist eine staatlich anerkannte Ersatzschule. Für Kinder, die aufgrund einer Sprachbehinderung in Grund- und Regelschulen, aber auch an Förderzentren nicht optimal gefördert werden können, gibt es diese spezialisierte Einrichtung. In dem sprachheiltherapeutischen Zentrum lernen Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwächen, Schüler mit Redeflussstörungen (z. B. Stotterer) sowie - vor allem im Grundschulbereich - Kinder, die Auffälligkeiten in der Lautsprache zeigen.

Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Bedeutung hat die Freie Fröbelschule Keilhau für den Freistaat Thüringen?
2. Welche finanzielle Unterstützung erhält die Freie Fröbelschule Keilhau durch das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (TMBWK), um ihre dauerhafte Existenz zu sichern?
3. Sind seitens des TMBWK über die bisherigen Unterstützungen hinausgehende Förderungen geplant?
4. Welches besondere Interesse besteht am Betrieb der Freien Fröbelschule Keilhau, die als einzige in Thüringen das reformpädagogische Schulkonzept von Friedrich Fröbel durchgängig von Klasse 1 bis 10 umsetzt und die einzige spezialisierte Sprachheilschule mit heilpädagogischem Wohnheim in Thüringen ist?

Vizepräsident Gentzel:
Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Herr Staatssekretär Prof. Merten.



Prof. Dr. Merten, Staatssekretär:
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kowalleck wie folgt:
Zu Frage 1: Die Freie Fröbelschule Keilhau blickt auf eine bald 200-jährige Tradition zurück, die auf der Pädagogik von Friedrich Fröbel beruht. Der gebürtige Oberweißbacher hat seine Erziehungsidee in Keilhau bei Rudolstadt erstmalig im Jahr 1817 in der Allgemeinen Deutschen Erziehungsanstalt in die Praxis umgesetzt. Die Trägerschaft der staatlichen Förderschule für Sprachbehinderte Friedrich Fröbel Keilhau übernahm zum 1. September 1999 das Jugendsozialwerk Nordhausen e.V. In Fortführung der langjährigen Tradition erwarb die Freie Fröbelschule in Keilhau Sprachheilpädagogisches Zentrum/Förderschule, so die offizielle Bezeichnung, einen weit über Thüringen hinaus reichenden Ruf. Die Schule ist eines von vier Förderzentren in Thüringen, die sich ausschließlich auf die Unterrichtung von Kindern mit dem Förderschwerpunkt Sprache spezialisiert haben. Hiervon ist sie die einzige in Freier Trägerschaft. Dem Förderzentrum ist ein Wohnheim angeschlossen. Weitere staatliche Sprachheilförderschulen befinden sich in Weimar, wo ebenfalls eine Wohnheimunterbringung möglich ist, in Meiningen und Erfurt, die in den Klassen 6
bzw. 7 enden. Von den 257 Schülerinnen und Schülern der Fröbelschule Keilhau leben 93 im heilpädagogischen Wohnheim, so im Schuljahr 2010/2011. Thüringenweit haben im Schuljahr 2011/2012 12.159 Schülerinnen und Schüler sonderpädagogischen Förderbedarf, davon 1.823 sonderpädagogischen Förderbedarf Sprache. Fast die Hälfte dieser Kinder, nämlich 41,1 Prozent, lernen in Thüringen im gemeinsamen Unterricht.

Zu Frage 2 nach der finanziellen Ausstattung: Das Land gewährt den Schulträgern für genehmigte Ersatzschulen in freier Trägerschaft staatliche Finanzhilfe nach § 17 Abs. 1 Thüringer Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft auf Antrag. Die Finanzhilfe für die Freie Fröbelschule Keilhau beträgt im Jahr 2012 voraussichtlich 2,1 Mio. €.

Zu Frage 3: Obwohl die historische Bedeutung dieser Schule und ihre wichtige pädagogische Arbeit gänzlich unbestritten sind, besteht derzeit kein Anlass und keine Möglichkeit, eine über die gesetzliche Unterstützung hinausgehende Förderung vorzunehmen.

Zu Frage 4: Ein besonderes öffentliches Interesse am Betrieb einer Schule in freier Trägerschaft liegt dann vor, wenn diese für das Schulwesen in Thüringen von erheblicher Bedeutung ist. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Konzept mit neuen, in Thüringen einmaligen reformpädagogischen Ansätzen zum Einsatz gebracht wird oder sich das Konzept deutlich von bestehenden öffentlichen Schulen abhebt. Da der Schulträger einen Antrag auf höhere staatliche Finanzhilfe nach § 18 Abs. 2 Satz 5 Thüringer Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft gestellt hat, wurde das Vorhandensein der eben geschilderten Voraussetzungen zur Feststellung eines besonderen Interesses eingehend geprüft. Diese Prüfung hat ergeben, im Bestreben der Umsetzung des Thüringer Förderschulgesetzes kann in jeder allgemeinen Schule gemeinsamer Unterricht stattfinden. Seit diesem Schuljahr wurde jeder Grund- und Regelschule in Thüringen mindestens eine halbe Stelle
Sonderpädagogik zugewiesen, so dass besonders Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sprache, emotionale und soziale Entwicklung und Lernen im gemeinsamen Unterricht gefördert werden und auch lernen können. Weiterhin sind es drei staatliche Förderzentren, die Schüler mit dem Förderschwerpunkt Sprache aufnehmen, falls im sonderpädagogischen Gutachten das Förderzentrum als Lernort vorgeschlagen wird. Im Bereich der staatlichen Schulen ist für das Förderzentrum Sprache in Weimar, wie bereits eben erwähnt, ebenfalls eine Wohnheimunterbringung möglich. Es besteht für Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt Sprache auch an anderen Schulen die Möglichkeit der Beschulung, die auch zunehmend in Anspruch genommen wird und auch im gemeinsamen Unterricht, der ebenfalls zunehmend in Anspruch genommen wird. Aus diesen Gründen ist ein Alleinstellungsmerkmal nicht vorhanden, welches aus sich heraus allein ein besonderes öffentliches Interesse begründen würde. Deshalb kann das Förderzentrum Freie Förderschule Keilhau im Verhältnis zu anderen Förderzentren in freier Trägerschaft finanziell nicht stärker bzw. privilegiert gefördert werden. Das wäre aus gegenwärtigen Gesichtspunkten eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.